Täter gab es bei mir viele. 11 um genau zu sein.
Mein Stiefvater
Mein Nennonkel
Mein Onkel
3 Ex Freunde
Ein Bekannter
Ein Freund meiner Mutter
3 Fremde
2 meiner damaligen Freunde, den Freund meiner Mutter und den Bekannten zeigte ich nie an, ließ mich auch nie beraten. Bis heute nicht. Dass ich in diesen Situationen unter anderem vergewaltigt wurde, begriff ich erst vor einigen Monaten.
Von den 3 Fremden habe ich einen angezeigt. Er war ein Exibitionist, der eigentlich in der Psychiatrie lebte, aber "Urlaub" hatte. Ich hatte kein Recht, beim Prozess anwesend zu sein (bzw bekam ich dazu keine Informationen), ich weiß also nicht, wie der Prozess verlief.
Als ich einmal mit 25 Jahren aus einem Grund, der mir entfallen ist, bei einem Kriminalpolizisten eine Aussage gemacht habe, nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte ihn, wie die Verjährungsfristen so bei sexuellem Missbrauch in der Kindheit aussehen. Er erklärte mir, dass das von Fall zu Fall unterschiedlich ist, ich aber, wenn ich nicht vorhabe, eine Anzeige zu erstatten, ihm nichts weiter erzählen soll. Denn sobald er von einem tatsächlichen Vorfall weiß, MÜSSTE er ermitteln. Also sagte ich nichts weiter dazu, ich war noch nicht so weit. Er gab mir noch mit, dass es aber kein Problem sein sollte, insofern ich die Anzeige noch bis zu meinem 27 Lebensjahr mache.
Ab dem Tag drehte die 27 in meinem Verstand ihre Runden. Und sie verstrich. Ich ließ es in Vergessenheit geraten, weil mich der Gedanke daran völlig überforderte.
Mein Nennonkel war zu dem Zeitpunkt bereits verstorben. Mein Stiefvater verstarb vor etwa 10 Jahren. Also blieb noch mein Onkel. Ich schaffte es erst vor ca 4 Jahren, den Kontakt zu ihm abzubrechen. Vor 3 Jahren, als ich aus der Traumaklinik kam, war ich bereit dazu, mich zumindest mal beraten zu lassen. Also kontaktierte ich den weißen Ring. Dort wurde der Kontakt zu einer Anwältin, die sich auf solche Fälle spezialisiert hat, hergestellt. Ich machte einen Termin und ich ging auch hin (Termine wahrnehmen zu können war zu der Zeit noch keine Selbstverständlichkeit). Ich erzählte ihr meine Geschichte. Und sie erklärte mir mitfühlend aber ungeschönt, dass die Tat meines Onkels zu dieser Zeit leider keinen Straftatbestand erfüllte, weil ich bereits 14 war und keine Ablehnung sichtbar gemacht wurde. Ich hätte ihn trotzdem anzeigen können, auf die sehr wahrscheinliche Gefahr hin, dass das Verfahren eingestellt wird. Aber zuvor wäre er dazu befragt worden. Und das wollte ich auf keinen Fall. Ich wollte nicht, dass er sich juristisch darin bestärkt fühlt, nichts falsch gemacht zu haben.
Für mich war die fehlende juristische Anerkennung verheerend. Stellte ich meine Wahrnehmung zu der Zeit ohnehin immer wieder in Frage. Heute würde mir die juristische Anerkennung zwar immer noch viel bedeuten, aber ich stelle deswegen meine Wahrnehmung nicht mehr in Frage.
Einen meiner ehemaligen Freunde zeigte ich 2019 wegen Stalkings an. Nach dem ich vor über 9 Jahren unsere kurz andauernde Partnerschaft beendete, weil er extrem eifersüchtig war und mich krankhaft glorifizierte, nahm er 2019 wieder Kontakt zu mir auf. Er zeigte sich sehr reumütig und reflektiert. Also ließ ich den Kontakt zu, merkte aber schnell, dass es wieder toxisch wurde, brach den Kontakt also wieder ab. Daraufhin schrieb er mir über einen Zeitraum von wenigen Wochen an die 60 Nachrichten. Ich ignorierte ihn. An dem Tag, als er mit Suizid drohte, rief ich die Polizei und erstattete Anzeige. Ich wurde (nicht sehr ausführlich) verhört. Die Inhalte der Nachrichten und die psychischen Folgen seines Stalkings wurden nicht erfragt. Das Verfahren wurde mit der Begründung, die Kontaktaufnahmen waren nicht intensiv genug, als dass sie mich stark im Alltag einschränkten, abgebrochen. Ich legte Widerspruch ein. Der wurde abgelehnt.
Mir fehlt zwar mittlerweile gehörig das Vertrauen in die Justiz, aber anzeigen würde ich mittlerweile JEDEN EINZELNEN FALL, der juristisch relevant ist. Und ob er das ist, lasse ich Jurist:innen entscheiden.
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